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Seit 2 Jahren abgestellt am anderen Ende der Welt: 56 moderne Trolleybusse

Die Flotte ausgemusterter, moderner Niederflur-Trollaeybusse im Depot | © Alan Wickens

Obwohl der Fuhrpark 2007-2009 vollständig erneuert und mit neuen, dreiachsigen Niederflurobussen ausgestattet worden war und sich das Fahrleitungsnetz in gutem Zustand befand, endete der Obusbetrieb in Neuseelands Hauptstadt Wellington am 31. Oktober 2017 – vor genau zwei Jahren. Zuletzt hatten acht Linien weite Teile des Stadtgebiets geräuscharm und umweltfreundlich bedient.

Unverständliche Entscheidungen

Der politische Beschluss zur Stilllegung und seine konsequente Umsetzung hatten seinerzeit weltweit für Unverständnis unter Fachleuten gesorgt, zumal überhaupt keine technische sinnvolle und ausgereifte Alternative zur Verfügung stand. Stattdessen fahren seither zum Teil aus anderen Orten umgesetzte, ältere Dieselbusse. Der Umbau der Niederflurobusse in Hybridwagen einer noch nicht ausgereiften Technologie scheiterte weitgehend, und die Bestellung von 32 Elektrobussen erstreckt sich über einen längeren Lieferzeitraum von 2018-2021, lediglich die ersten 10 sind als 10,4 m lange Doppeldecker gegenwärtig in Dienst.

Die Neugestaltung des Liniennetzes musste seinerzeit als einer der Umstellungsgründe herhalten, obwohl sich Anpassungen der Linienführungen auch leicht durch Verwendung der In-Motion-Charging-Technologie (IMC) hätten verwirklichen lassen: Nach Einbau stärkerer Traktionsbatterien in den Obussen wären diese unter der bestehenden Fahrleitung aufgeladen worden und die Busse hätten die Abschnitte ohne Oberleitung im Batteriemodus zurücklegen können. Davon wollte die Verantwortlichen vor Ort aber nichts wissen. Unmittelbar nach Stilllegung begann der Abbau der Fahrleitung, der inzwischen bereits vor einigen Monaten vollständig abgeschlossen wurde. Allein die dafür angefallenen Kosten hätten für die Erneuerung von Teilen der Unterwerke ausgereicht.

Die moderne Flotte außer Dienst

2 Jahre nach der völligen Einstellung des Betriebs sind von der Flotte moderner Niederflurtrolleybusse noch immer 56 der 57 Serienwagen vom Typ „Designline“ im alten Depot Kilbernie abgestellt. Das Schicksal der Wagen ist weiterhin offen. Die neuesten von ihnen waren nur acht Jahre im Einsatz. Ein einziger, vier Jahre lang im Umbau zum Hybridbus befindlicher Wagen (Nr. 362) ist nicht über Probefahrten hinausgekommen, denn die verwendete „Whrightspeed“-Turbinenmotorentechnik konnte gar nicht überzeugen: Die eingebauten Aggregate wurden wieder entfernt und der Bus ohne Motor und ohne zweite Achse Mitte Februar 2019 wieder in das alte Obusdepot Kilbernie geschleppt. Der ehemalige Trolleybus 361 wurde dagegen mit chinesischer Technik zum Batterie-E-Bus umgebaut und fährt vereinzelt im Linienverkehr, Nachfolger beim Umbau hat er allerdings auch nicht gefunden.

Drei zweiachsige Prototypen im ähnlichen Design wie die Serienwagen sind dagegen mittlerweile an Interessengruppen zur Erhaltung historischer Fahrzeuge abgegeben worden. Neueste Meldungen sprechen davon, dass die gesamte übrige Flotte ebenfalls keine weitere Nachnutzung finden soll und an Museumsvereine oder zum Verschrotten abgegeben werden soll. Ein wahrhaft trauriges Schicksal – und sicher eine Verschwendung von öffentlichen Geldern ersten Ranges auch in einem wohlhabenden Land wie Neuseeland.

Ein ausführlicher Bericht über die Situation kurz vor der Stilllegung findet sich in der Ausgabe 4/2017 der Zeitschrift „stadtverkehr“:
https://www.stadtverkehr.de/stadtverkehr/2675-trolleybus-ende-alles-anders-in-wellington

31.10.2019