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Innovation: SIUT – die leuchtende Bahnsteigkante

Der Lichtfaserbeton von SIUT eignet sich für Anzeigen an Bahnsteigkanten oder für Fahrgastleitsysteme I © SIUT

Ab sofort wird das Urban Transport Magazine regelmäßig über Innovationen aus der Verkehrsbranche berichten. Den Anfang macht SIUT, eine Start-Up aus Berlin, die im Jahr 2015 gegründet wurde und sich auf die Produktion von leuchtenden Bahnsteigkanten, sogenannten Lichtfaserbeton, spezialisiert hat.

Wer kennt das nicht. Man steht im Dunkeln an einem einem Bus-, Straßenbahn- oder Zugbahnsteig und weiß wo sich der Ausgang oder die Türposition befindet – oder man bemerkt erst gar nicht den annähernden Zug in der Dunkelheit. Für Fahrgäste und Verkehrsunternehmen gibt es jetzt eine Lösung für derartige Gefahrensituationen an der Bahnsteigkante: Das Startup SIUT hat in den vergangenen Jahren eine leuchtende Bahnsteigkante entwickelt, die das Reisen maßgeblich vereinfachen kann. SIUT Lichtfaserbeton ist ein wissenschaftliches Spin-Off der Technischen Universität Berlin aus den Bereichen Baustoffe und Bauchemie, gegründet von Benjamin Westerheide und Vincent Genz. Beide hatten 2012 gemeinsam in der heimischen Garage zum ersten Mal Lichtfasern in Beton integriert. Den Hintergrund lieferte hierzu die Zusammenarbeit mit einem auf Beton spezialisierten Professor für Baustoffkunde während des Studiums des Wirtschafts- und Ingenieurwesens.

Die leuchtende Bahnsteigkante von SIUT erhöht die Sicherheit beim Ein- und Aussteigen im ÖPNV und kann darüberhinaus als Leitsystem für Fahrgäste genutzt werden I © SIUT

Heute entwickelt und vertreibt das Unternehmen einen Verbundwerkstoff, der es erstmals ermöglicht, Licht gezielt im Beton zu integrieren. Lichtpunkte leuchten aus den Oberflächen heraus, sind aber ausgeschaltet weder fühl- noch sichtbar. So können Linien und Symbole, aber auch Schrift oder Logos aufleuchten und wieder verschwinden. Die Elemente Beton und Licht werden so auf eine innovative Weise miteinander vereint. Der SIUT-Lichtfaserbeton zeichnet sich durch ein neuartiges Herstellungsverfahren aus, das in dieser Form auf dem Markt bis dahin nicht existierte und mittlerweile für den europäischen Raum patentiert ist. Über ein Innovationsprogramm der Deutschen Bahn entwickelte sich dann der Fokus auf infrastrukturrelevante Produkte zur Personenleitung.

Vielfältige Einsetzbarkeit

Der Lichtfaserbeton von SIUT ist vielfältig einsetzbar. SIUT hat sich zunächst auf die Bereiche Design und Infrastruktur. Im Bereich der infrastrukturrelevanten Produkt unterscheidet SIUT zwischen Bodenplatten mit aufleuchtenden Hinweissignalen zur Personenleitung und dynamischen Anzeigen. Eine erster Test kam in Berlin am Anhalter Bahnhof zur Anwendung. Hierbei handelt es sich um eine frühe Teststrecke zum Thema Lenkung von Personenströmen. Etwa 15 Betonfliesen wurden eingesetzt, um mit Hilfe eines einfachen, pulsierenden Pfeilmusters Personen zu leiten. Der Aufbau war drei Wochen lang in Betrieb und es konnte erfolgreich getestet werden, wie Menschen auf im Boden integrierte Lichtsignale reagieren.

Die dynamische Fahrtreppenanzeige kommt bereits in folgenden Städten zum Einsatz:

  • Dortmund (DB AG), S-Bahn Haltestelle Dortmund Universität
  • Hamburg (Hamburger Hochbahn), U-Bahnhof Messehallen sowie U-Bahnhof Hagenbecks Tierpark
  • Zürich (SBB), Zürich Hauptbahnhof: Die dynamische Fahrtreppenanzeige fungiert als Betondisplay, in dem Statusdaten der Fahrtreppen dynamisch visualisiert werden. Durch das großflächige Format und die pulsierende Anzeige sind die Signale aus der Distanz frühzeitig und leicht lesbar und tragen so dazu bei, Personen rechtzeitig über Betriebsstatus und Laufrichtung zu informieren. Personenströme können so gelenkt und Fahrtreppenanlagen effizienter genutzt werden, Unfälle und Staubildung vor Fahrtreppen werden vermieden.
  • Berlin (BVG), Tram-Haltestelle Zingster Str. in Berlin Hohenschönhausen, Realisierung im Nov 2016 als Teststrecke und Vorläufer der weitaus komplexeren leuchtenden Bahnsteigkante von heute. Die Endhaltestelle Zingster Str. in Hohenschönhausen ist als Wendeschleife ausgebaut mit gegenüberliegen- den An- und Abfahrtsbahnsteigen, was häufig zu Verwirrung bei Passagieren führte. Als Orientierungshilfe leiten taktile Steine mit statischen Lichtmustern in Pfeilform die Passagiere zum Abfahrtsbahnsteig. Gekoppelt an einen Helligkeitssensor wird das System bei einbrechender Dunkelheit aktiviert.
  • Stuttgart Bad Cannstatt (Deutsche Bahn): Als Pilotprojekt mit der Deutschen Bahn wurde die erste Version der leuchtenden Bahnsteigkante am S-Bahnhof Bad Cannstatt installiert und insgesamt ein Jahr (6 Monate Erstvereinbarung und 6 Monate maximal mögliche Verlängerung) betrieben. Die Passagiere in Stuttgart Bad Cannstatt wurden über Zughaltepositionen, Waggonauslastung, Türpositionen oder Zugdurchfahrten infor- miert. Nach Abschluss des erfolgreichen Pilotprojekts wurde die leuchtende Bahnsteigkante auf Grundlage des gewonnenen Feedbacks weiterentwickelt und verbessert.

Darüber hinaus ist das innovative Team von SIUT in Gesprächen mit verschiedenen Verkehrsträgern der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Skandinavien, darüber hinaus mit Betreibern aus der Golf-Region.

Innerhalb der nächsten zwei Jahre ist der Einsatz für drei Bahnhöfe der Kategorie 1 bereits in Planung. Außerdem sollen mehrere Knotenpunkte auf Stammstrecken in deutschen Großstädten ausgestattet werden.

Außerdem haben Verkehrsbetriebe der deutschen Großstädte München, Nürnberg und Dresden verstärktes Interesse gezeigt, SIUT Produkte zu verbauen, auch hier laufen aktuell Gespräche.

Was sind die Vorteile von SIUT?

  • SIUT hat erstmals ein Herstellungsverfahren aus der Taufe gehoben, welches die gezielte Integration von Lichtwellenleitern in UHPC (Ultra High Performance Concrete) ermöglicht, das europäische Patent ist mittler- weile erteilt.
  • Durch die Arbeit mit Beton sind SIUT‘s Produkte mit Eigenschaften ausgestattet, die den hohen Anforderun- gen des Verbaus im Außenraum entsprechen. Vandalismus, harschen Witterungsbedingungen oder starken mechanischen Belastungen halten sie ohne Weiteres stand. Die Integration von Licht verwandelt Beton in ein robustes, vielseitig einsetzbares Display.
  • Durch Baukastensysteme mit wenigen Komponenten, die im Plug&Play-Verfahren verbaut werden, sind die Produkte leicht montierbar und genauso leicht revisionierbar.
  • Durch den Einsatz von LED-Technik wird ein energiesparender und somit kostengünstiger Betrieb der Beton- elemente sichergestellt.
  • Alle Signale werden großflächig und auf Distanz gut lesbar auf den Betonflächen angezeigt. Dadurch erreicht SIUT eine frühzeitige Wahrnehmung und rechtzeitige Reaktion der Passanten und Passagiere sowie verbesserte Abläufe an Bahnsteigen, in Bahnhöfen oder vor Fahrtreppen.
SIUT wurde mit dem DEKRA Award, dem Berlin Brandenburg Innovationspreis sowie mit dem deutschen Mobilitätspreis ausgezeichnet I © SIUT

Material und Fertigungsprozess

SIUT-Produkte bestehen aus Beton und integrierten Lichtleitern. Das Unternehmen hat erstmals ein Herstellungsverfahren aus der Taufe gehoben, welches die gezielte Integration von Lichtwellenleitern in UHPC (Ultra High Performance Concrete) ermöglicht. Der entwickelte Lichtfaserbeton zeichnet sich durch ein neuartiges Herstellungsverfahren aus, das in dieser Form auf dem Markt bislang noch nicht existierte. Die Anordnung der Lichtwellenleiter im Betoninneren kann dank eines neu entwickelten Führungssystems gezielt innerhalb des Betonkörpers ausgeführt werden. Dank der Kombination mit elektronischer Steuerung wird das Material intelligent.

In historischen Mauern: Die SIUT Fertigung in Berlin Prenzlauer Berg I © SIUT

Bei dem LED-Leitsystem am Bahnsteig handelt es sich um Personenleitsystem aus Beton und integrierten Lichtstäben. Im Wesentlichen besteht das System aus einzelnen Betonsteinelementen, die mittels intelligenter LED-Technik illuminierbar sind und jeweils unabhängig und für sich autark wechselnde Informationen empfangen, verarbeiten und in Form von Linien, Pfeilen und Kreuzen darstellen können. Die illuminierbaren Betonsteinelemente bilden im Gesamtverbund ein Display, welches die Visualisierung von Informationen ermöglicht.

Strategie und Zukunftspläne

Neben der oben genannten Projekten, die innerhalb der nächsten zwei Jahre anstehen, arbeitet SIUT aktuell an der konsequenten Weiterentwicklung der Produkte und Technologien.
Bisher wurden Betonplatten als Displays genutzt, um eingespeiste und interpretierte Daten zu visualisieren. Der patentgeschützte Verbundbeton (Lichtfaserbeton) von SIUT soll jetzt zu einem intelligenten, energieautarken Produkt weiterentwickelt werden. Das Unternehmen arbeitet an der Integration verschiedener Sensoren, um neben der Dateneingabe auch selbst die Datenerhebung zu beherrschen. Ziel ist es, Produkte zu entwickeln, die mit der Umwelt interagieren und gleichzeitig noch leichter verbaubar sind.

Die SIUT-Gründer Benjamin Westerheide und Vincent Genz I © SIUT

Das Team

SIUT beschäftigt aktuell 10 Mitarbeiter und den ein oder anderen studentischen Mitarbeiter verschiedener relevanter Fachrichtungen. Außerdem unterstützen SIUT immer wieder auch Praktikanten aus dem europäischen Ausland.

26.11.2019
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