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Berlin: Ausschreibung für 1.500 U-Bahnen in der Warteschleife

Stadler wurde im Mai 2019 als bevorzugter Bieter für die Lieferung von bis zu 1.500 U-Bahnen für die BVG Berlin ausgewählt - ein Einspruch droht jetzt die Bestellungen zu verzögern I © UTM

2017 haben die Berliner Verkehrsbetriebe BVG eine Ausschreibung zur Beschaffung von U-Bahnen für das 151,7 km lange U-Bahn-Netz begonnen. Nachdem Stadler Pankow im Mai 2019 als bevorzugter Bieter ausgewählt wurde, besteht nun das Risiko, dass sich der Beschaffungsprozess für bis zu weitere zwei Jahre verzögert.

Grund hierfür ist ein Rechtsstreit zwischen BVG und Hersteller Alstom. Alstom stellte zunächst einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer, der aber zurückgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung hat Alstom jetzt beim Kammergericht Beschwerde eingelegt. 

Der Ausschreibungsprozess

Mit der 3 Milliarden Euro teuren Beschaffung möchte die BVG die gesamte alte Flotte aus den 1960er und 1970er Jahren ersetzen. Da das Berliner U-Bahn-System über zwei Tunnelprofile verfügt, das sogenannte Kleinprofil mit den Linien U1 – U4 (maximal 2,4 m Fahrzeugbreite) und das Großprofil mit den Linien U5 – U9 (maximal 2,65 m Fahrzeugbreite), umfasst auch die Ausschreibung beide Fahrzeugvarianten.

Während des Ausschreibungsprozesses haben die BVG das Ausschreibungsvolumen von 1.050 auf 1.500 Fahrzeuge erhöht und Zeitplan der Lieferungen geändert. Darüber hinaus wurden die Vertragsbedingungen so angepasst, dass die Hersteller trotz der durch die BVG durchgeführten Instandhaltung die Zuverlässigkeit der Züge für bis zu 30 Jahre gewährleisten mussten. Diese Vorgehensweise ist in der Bahnindustrie eher unüblich. Der ursprüngliche Plan sah die Auslieferung der ersten 24 Fahrzeuge ab Mitte 2021 vor, wobei 2022 bis zu 76 Fahrzeuge und ab 2023 138 Fahrzeuge pro Jahr ausgeliefert sollen. Im Jahr 2033 sollten dann alle Fahrzeuge der neuen Baureihen J und JK in Betrieb sein.

Die heutige Betriebssituation

Presse, Politiker und Passagierinteressengruppen beklagen die weitere Verzögerung der Flottenerneuerung, da bei der Berlin U-Bahn ein Wagenmangel besteht und sich deshalb sowohl die Betriebsqualität als auch die Verfügbarkeit verschlechtert haben. Das Durchschnittsalter der U-Bahnen beträgt 28 Jahre. Die ältesten Fahrzeuge der Baureihe A3 60, die im Kleinprofilnetz eingesetzt werden, stammen aus dem Jahr 1960 und sind somit seit 59 Jahren (!) In Betrieb. Anfang der 2000er Jahre wurden allerdings an diesen Fahrzeugen einige Modernisierungen vorgenommen. Aufgrund von Rissen in der Aluminiumwagenkästen einiger Züge aus den 1970er Jahren mussten bereits mehrere Fahrzeuge ausgemustert und verschrottet werden. Infolgedessen ist der Mangel an einsatzbereiten Fahrzeugen die Hauptursache für viele der aktuelle Verfügbarkeitsprobleme. Die Anzahl der Reservezüge hat sich reduziert, auf einigen Strecken wurde die Länge der Zuggarnituren von 8 auf 6 Wagen verkürzt – manchmal mussten in der Vergangenheit Fahrten sogar ausfallen.

Laut Presseberichten verfügte die BVG im Jahr 2001 über eine Flotte von mehr als 1403 U-Bahnen. 2012 waren es nur noch 1242 Fahrzeuge. Gleichzeitig stieg die Zahl der Fahrgäste im U-Bahn-Netz von 446,5 Millionen im Jahr 2008 auf 563 Millionen im Jahr 2017, was einer Steigerung von 26% entspricht.

Obwohl die Flottengröße aufgrund der Lieferung der neuen Stadler IK-Züge auf 1322 gestiegen ist, blieb der Wagenmangel auf den Großprofillinien bestehen, da die IK nur für den Einsatz auf dem Kleinprofilnetz geeignet ist. Um den Fahrzeugmangel auf der Großprofillinie U5 zu kompensieren, wurden im Jahr 2017 insgesamt 11 Vierwagenzüge der IK17 mit einer Spaltüberbrückung versehen um auf der Großprofillinie U5 eingesetzt zu werden. Dadurch konnte die kritische Wagenparksituation zumindest teilweise verbessert werden.

Die Wettbewerbssituation

Presseberichten zufolge haben neben Alstom auch ein Konsortium aus Bombardier / Siemens an der Ausschreibung teilgenommen. Bombardier und Siemens lieferten bereits zwischen 1995 und 2007 gemeinsam die U-Bahn Baureihen HK mit 24 x 4-Wagen für das Kleinprofilnetz und 46 x 6 Züge der Baureihe H für das Großprofilnetz.

Stadler Pankow hat jedoch den Vorteil gegenüber den Wettbewerbern, da es bereits die aktuelle, im Jahr 2012 bestellte IK-Serie liefert. Nach der Lieferung von zwei Vorserienzügen (IK15) im Jahr 2015 wurden 11 Serienzüge (IK17) für das Großprofil geliefert. Auf der Kleinprofillinie U2 werden derzeit weitere 27 IK18-Züge ausgeliefert und im Jahr 2017 wurden weitere 14 sogenannte IK19-Züge bestellt, wobei ein Einspruch von Siemens die Lieferung der Züge für fast ein Jahr verzögerte. Insgesamt wird Stadler 54 x 4-Wagen IK-Züge mit insgesamt 216 Wagen an die BVG ausgeliefert haben.

30.08.2019
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Mikal
Mikal
3 Monate zuvor

1.) Es gibt seit 2017/18 keine U-Bahnzüge von 1960/70 bei der BVG mehr.

2.) 2007 schrieb die BVG ( HR. Sturmowski) neue Züge aus, 2008 erhielt Siemens den Zuschlag

3.) 2009 kam die völlig inkompetente Fr. Nikutta die von noch inkompetenteren Senat eingestellt wurde und sagte wir brauchen keine neuen Züge.

4.) Der neue JK ist wieder bei Stadler weil er kaputt geliefert wurde, die Mechaniker/in und Zugprüfer/in werden erst im September ’24 am den Zug ausgebildet.

5.) Auslieferung im Frühjahr 2025 (3 Jahre Verspätung).

6.) Stadler hat noch nie U-Bahnzüge gebaut, BVG sind die ersten U-Bahnzüge in der Geschichte von Stadler.

P.S. Ich bin Fahrzeugmechaniker U-Bahn in BwGru bei der BVG