Mit jahrelanger Verspätung und etlichen Bauunterbrechungen nahm zum Jahresende 2015 endlich die neue Niederflurtram im sizilianischen Palermo Fahrt auf. Die Eröffnung der ersten vier Linien fand einen Tag vor Ablauf der Frist zur Betriebsaufnahme statt, die die EU den italienischen Behörden gesetzt hatte; anders falls drohte die Rückzahlung der gewährten Fördergelder. Seither haben sich die neuen Bahnen schnell etabliert, bieten sie doch mit ihrem sauberen, modernen Erscheinungsbild an vielen Stellen einen auffälligen Kontrast zum durchfahrenen Umfeld.
| Foto: Dirk Budach
Das Netz besteht jedoch seit Beginn an aus zwei Teilen, die nicht miteinander verbunden sind und auch zwei separate Depots haben. Dabei zählte die schon ebenso lang diskutierte Verbindungsroute zwischen den Bahnhöfen Stazione Centrale und Notarbartolo zu den meistbefahrenen Buskorridoren der Stadt, auf der diverse Linien fahren. Nun hat man sich endlich zur Verbindung der beiden Teilnetze entschlossen, die nötigen Mittel sind dafür bewilligt und es sollen vier Teilprojekte umgesetzt werden. Dazu gehören die Verlängerung der Linie 1 von ihrer Endstelle Stazione Centrale zum Stadium, ein Abzweig von der Piazzale de Gasperi zur Stazione Francia und eine Verbindung der Linie 1 vom Hauptbahnhof aus zum äußeren Endpunkt der Linie 4 in Calatafimi. Desweiteren werden die Linien 2, 3 und 4 von ihrem aktuellen Endpunkt Notarbartolo weiter in die Innenstadt zur Via Duca della Verdura geführt und treffen dabei auch auf die Linie 1. Durch alle diese Ausbauten wird in den nächsten Jahren ein wirkliches Netz entstehen, das im Zentrum der 700.000 Einwohner-Stadt Palermo für spürbare Verbesserungen bei Nahverkehrsangebot sorgen wird. Damit sollten sich die aktuell mit 25.000 Zusteigern an Werktagen schon recht beachtlichen Fahrgastzahlen noch einmal deutlich erhöhen. Die Beschaffung weiterer Fahrzeuge ist vorgesehen, um den Fuhrpark der derzeit 17 Bombardier „Flexity“ zu vergrößern. Da in der Innenstadt auf noch genau festzugelegender Strecke
Endstelle Staz. Centrale der Linie 1
| Foto: Dirk Budach
Endstelle Notarbartolo der Linien 2, 3 und 4 – die Verbindung zur Linie 1 stellt der Bus der Linie 102 rechts her
| Foto: Dirk Budach
Die aktuellen vier Straßenbahnlinien in Palermo:
1: Stazione Centrale – Roccella
2: Stazione Notarbartolo – Borgo Nuovo
3: Stazione Notarbartolo – C.E.P.
4: Stazione Notarbartolo – Calatafimi
Ein Netzplan findet sich unter:
http://www.urbanrail.net/eu/it/pal/palermo.htm
Bis auf wenige kurze Abschnitte verlaufen die Tramtrassen vollständig abgezäunt auf eigenem Bahnkörper.
426 Mio. EUR sind die veranschlagten Kosten für die vier Ausbauprojekte zusammen, die teilweise durch private Finanzierungsquellen sichergestellt werden sollen. Die aktuelle Streckenlänge von rund 15 km wird sich dadurch nahezu verdoppeln. Drei weitere Ausbauoptionen, die u.a. eine fast 20 km lange Außenstrecke zum Badeort Mondello vorsehen, sind aus Kostengründen vorerst zurückgestellt.
Die Straßenbahn Palermo hebt sich damit wohltuend vom anderen Tramprojekt auf Sizilien ab, der 2003 eröffneten Straßenbahn in Messina, für die nach Jahren der Vernachlässigung über Monaten sogar eine vollständige Stilllegung im Gespräch war und deren Fortbestand erst jetzt durch neue Mittelzuweisungen aus Rom vorerst gesichert erscheint.
Literaturhinweis:
Ausführlich werden die Ausbauvorhaben in Palermo in der Ausgabe 5/2019 der Zeitschrift Stadtverkehr beschrieben:
https://www.stadtverkehr.de/stadtverkehr/2767-inhalt-der-stadtverkehr-ausgabe-5-2019
